Stiftsruine Bad Hersfeld und Katharinenturm
Stiftsruine Bad Hersfeld und Katharinenturm
Die majestätische Bad Hersfelder Stiftsruine, die von hohen Mauern umgeben ist, vermittelt einen Eindruck davon, wie beeindruckend der Kirchenbau im Mittelalter auf Pilger gewirkt haben muss. Diese größte romanische Kirchenruine nördlich der Alpen ist heute hauptsächlich als Spielstätte der Bad Hersfelder Festspiele bekannt. Besucher, die zwischen den ehrwürdigen Mauern der ehemaligen Klosterkirche wandeln, erleben einen einzigartigen kulturellen Genuss. Die Bad Hersfelder Festspiele ziehen seit 1951 Theaterbegeisterte, Schauspieler und Gäste von Rang und Namen an.
Die Geschichte der Stiftsruine
Aber bereits vor fast 1000 Jahren war der mächtige Bau ein beliebtes Ziel für Pilger, die hier die – heute verschollenen – Reliquien von Wigbert und Lullus verehrten. Beide Namen sind eng mit den Anfängen von Bad Hersfeld verbunden: Lullus, Erzbischof von Mainz, gründete hier 769 eine Benediktinerabtei, die er dem direkten Schutz des fränkischen Königs und späteren Kaisers Karl des Großen unterstellte. Durch die Reliquien des angeblich wunderwirkenden Wigbert, einem Freund Bonifatius‘, wurde es zu einem hochrangigen Missionszentrum.
Dem ersten Kirchenbau folgten drei weitere, wobei jeder den vorangehenden an Größe übertraf. Der letzte von ihnen, zu seiner Zeit eine der größten Kirchen nördlich der Alpen, entstand ab 1038 unter Abt Meginher. Dieser Bau repräsentiert den Baustil der Romanik, der durch schlichte, aber dennoch gegliederte Fassaden mit halbkreisförmigen Bögen für Fenster, Türen und Mauerwerksöffnungen gekennzeichnet ist. Der Grundriss von Langhaus, Querschiff und Chor überträgt das christliche Kreuz in die Sprache der Architektur. Das Langhaus hatte die Gestalt einer dreischiffigen Säulenbasilika, bei der die Seitenschiffe niedriger sind als das Mittelschiff. Der Bau wurde vom Südturm dominiert, während ein Nordturm nie vollendet wurde. Obwohl heute nur noch einige der Säulenbasen des Mittelschiffs übrig sind, ist die mächtige, zum Himmel strebende Architektur des 11. Jahrhunderts noch immer authentisch erlebbar.
Nachdem die Stiftskirche 1525 als katholisches Kirchenhaus aufgegeben wurde, blieb sie ohne wesentliche Veränderungen bis in den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) bestehen. Der Krieg zwischen Preußen und Großbritannien/Kurhannover auf der einen Seite und der Habsburgermonarchie, Frankreich und Russland auf der anderen Seite fand auch in Hessen statt. Französische Truppen zündeten ihre in der Stiftskirche gelagerten Vorräte beim Anrücken der preußisch-hessischen Gegner an. Der Brand griff auf den Bau über und beschädigte ihn stark. Jahrzehntelang diente die Ruine dann als Steinbruch und wurde erst ab dem 19. Jahrhundert denkmalpflegerisch instandgehalten. Heute ist die Stiftsruine eine beeindruckende Touristenattraktion in Hessen.
Der Katharinenturm neben der Stiftsruine
Auf dem Gelände der Stiftsruine befindet sich der Katharinenturm, der einzige Überrest des ehemaligen Klosters. Der Turm wurde vermutlich Mitte des 12. Jahrhunderts erbaut und beherbergt die berühmte Lullusglocke, die im Jahr 1038 gegossen wurde. Es ist die älteste datierte Glocke Deutschlands, die noch immer in Betrieb ist und nur zu besonderen Anlässen wie kirchlichen Hochfesten, dem Jahreswechsel und dem Todestag von Lullus am 16. Oktober geläutet wird.
Die Geschichte der Bad Hersfelder Stiftsruine ist faszinierend und es ist erstaunlich, wie gut die Architektur des 11. Jahrhunderts erhalten geblieben ist. Ein Besuch der Stiftsruine ist ein Muss für alle, die sich für Geschichte und Architektur interessieren. Besonders während der Bad Hersfelder Festspiele im Juli und September können Besucher das kulturelle Erbe der Ruine in voller Pracht erleben.