Brescia - Duomo Vecchio
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Duomo Vecchio in Brescia: Kaum bekannt, aber sehenswert – mein spontaner Besuch

Eine Rundkirche am Nachmittag

Im Rahmen meiner Blogserie „Renaissance Tour 2025“ führt mich mein Weg am Nachmittag nach Brescia. Ohne festes Tagesziel laufe ich durch die Altstadt, um neue Eindrücke für den nächsten Beitrag zu sammeln. Vom Duomo Vecchio hatte ich zuvor ehrlich gesagt nie gehört – auf dem Stadtplan entdeckt, spontan hingegangen. Der Platz ist angenehm belebt, Menschen sitzen in Cafés, einzelne Touristen machen Fotos, ansonsten dominiert das alltägliche Treiben. Die Sonne steht noch relativ hoch, sorgt für warme Farben auf den Gebäuden. Vor dem überraschend massiven Rundbau halte ich kurz inne. Ich bin gespannt, was mich hier erwartet, denn bis eben war mir nicht bewusst, wie besonders diese Kirche ist.

Duomo Vecchio: Geschichte und Architektur

Der Duomo Vecchio – offiziell „Concattedrale Invernale di Santa Maria Assunta“, meistens aber einfach Duomo Vecchio oder „La Rotonda“ genannt – ist eine romanische Rundkirche aus dem 11. Jahrhundert. Das Gebäude fällt durch seine ungewöhnliche, strenge Kreisform auf. Die Fassade ist schlicht, teils unverputzt, das Steinmauerwerk wirkt robust. Interessant: Der heutige Eingang ist eigentlich das frühere Seitenschiff; das ursprüngliche Portal liegt eine Etage tiefer, weil das Bodenniveau der Stadt über die Jahrhunderte angestiegen ist. Beim Blick nach unten erahnt man die lange Baugeschichte und die Veränderungen am Stadtbild.

Innen ist es angenehm kühl und ruhig. Die mächtigen Säulen, die schlichten Gewölbe und die wenigen Lichtquellen schaffen eine besondere Atmosphäre – wenig Prunk, viel Substanz. Spuren früherer Bauphasen findet man überall: Per Treppe kommt man in die Krypta San Filastrio, wo spätantike Säulen und alte Mosaikreste erhalten sind. Vieles wirkt ursprünglich und ehrlich, fast unberührt von späteren Trends.

Kunstwerke, Highlights, Besonderheiten im Duomo Vecchio

Brescia - Duomo Vecchio
Grabmal des Bischofs Berardo Maggi (Anfang 14. Jahrhundert)

Das Grabmal des Bischofs Berardo Maggi


Richtig beeindruckend ist das Grabmal des Bischofs Berardo Maggi (Anfang 14. Jahrhundert) – direkt nach dem Eingang, aus rotem Marmor. Es fällt ins Auge, weil es hochwertig gearbeitet, aber nicht übertrieben ausgestellt ist. Wenige Meter weiter stößt man auf das zweite bedeutende Grabmonument: das des Bischofs Balduino Lambertini da Bologna, das 1349 von Bonino da Campione geschaffen wurde. Beide Werke zeigen die hohe Steinmetzkunst ihrer Zeit, ohne aufdringlich zu wirken.

Im Kirchenraum dominiert der kunstvolle Hauptaltar aus dem 14. Jahrhundert. Der Chor und die Orgel stammen von Giangiacomo Antegnati aus der Mitte des 16. Jahrhunderts – ein Instrument, das nicht nur optisch, sondern auch akustisch beeindruckt. An den Wänden begegnet man Freskenresten aus dem Mittelalter, die teilweise gut erhalten sind. Besonders im mittleren Teil der Kirche findet man Fresken aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, die trotz ihres Alters noch deutlich erkennbare Szenen zeigen.

Ein ungewöhnliches Detail ist das großformatige Gemälde von Francesco Maffei im rechten Kirchenschiff: Es zeigt den ursprünglichen Glockenturm, der später einstürzte – quasi ein historisches Dokument in Farbe. Interessant auch die Spuren verschiedener Bauepochen: Im Querschiff unter dem Boden sind Fragmente der vorherigen Basilika aus dem 6. Jahrhundert und sogar Reste einer römischen Thermalanlage zu erkennen.

Die berühmte Schatzkammer „Cappella delle Sante Croci“ birgt kostbare Reliquien, darunter Splitter vom „Wahren Kreuz“. Diese ist allerdings meist nicht zugänglich – schade, aber verständlich angesichts des historischen Werts. Am Boden fallen hier und da Mosaikfragmente auf, möglicherweise Überreste einer römischen Therme aus dem 1. Jahrhundert vor Christus.

Die Kunstwerke sind nicht auf maximale Wirkung inszeniert. Vielmehr fügen sie sich ins Gesamtbild und lassen Raum, um in Ruhe zu schauen. Besonders überrascht war ich von der Mischung aus Ursprünglichkeit und historischen Spuren unterschiedlicher Jahrhunderte. Der Duomo Vecchio zeigt Geschichte in Schichten – von römischen Fundamenten über romanische Architektur bis hin zu Renaissance-Elementen. Das macht den Besuch zu einer Art Zeitreise durch die Kunstgeschichte Norditaliens.

Duomo Vecchio: Tipps für Besucher

  • Am Nachmittag fallen Sonnenstrahlen oft direkt auf die Fassade – gute Zeit für Fotos ohne Gegenlicht.
  • Der besucherseitig wenig bekannte Duomo Vecchio ist meist entspannter als der schräg gegenüberliegende Duomo Nuovo.
  • Wer geschichtsinteressiert ist, sollte sich die Krypta San Filastrio anschauen.
  • Parkmöglichkeiten gibt es zum Beispiel in der Nähe an der Piazza Vittoria (Parkhaus, Metro).
  • Von der Piazza Paolo VI hat man die besten Sichtachsen für Fotos auf das Kirchenensemble.
  • Wer Museen mag: Das Museo Diocesano ist nur wenige Minuten entfernt und gerade für Kunstfreunde lohnenswert.
  • Rund ums Kirchenensemble gibt es einige Cafés, falls man eine Pause machen will.

Fazit: Unerwartet entdeckter Schatz

Der Duomo Vecchio hat mich wirklich überrascht. Ohne Vorwissen und Erwartungen in das Bauwerk zu gehen, hat sich gelohnt. Die Mischung aus schlichter romanischer Architektur, einzelnen mittelalterlichen Kunstwerken und der besonderen Atmosphäre hebt diese Kirche von vielen anderen ab. Für mich einer der stillen, aber nachhaltig beeindruckenden Orte von Brescia.

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